Kirche macht Flüchtlinge zu Lehrlingen

04.08.2020

Drei Männer aus Afghanistan, Eritrea und dem Kongo und machen derzeit eine Berufsattest-Ausbildung als Unterhaltspraktiker. Arbeitgeber ist die Kirchgemeinde Stadt Luzern.

«Seit einem Jahr bin ich glücklich und zufrieden. Die Arbeit macht Spass, es ist nie langweilig: Garten, Reinigung, Reparaturen, das gefällt mir.» Fitsum Teklebrhan (27) sprudelt, wenn er erzählt. Der gross gewachsene Eritreer ist einer von drei Flüchtlingen, die derzeit in den Luzerner Pfarreien St. Johannes, Leodegar und im Maihof-St. Josef ein Eidgenössisches Berufsattest als Unterhaltspraktiker machen. «Ich montiere Schränke, repariere Türen, lüfte», erzählt Amos Molenga (17), der vor sieben Jahren mit seinem Vater aus dem Kongo in die Schweiz kam. «Ich arbeite gern mit den Händen.» Nur Schnee schaufeln mag er nicht so, «das ist kalt», sagt er schmunzelnd.

«Deutsch ist schwer»

Wie seine beiden Kollegen ist auch Yaser Ahmadi (27) aus Afghanistan sehr froh, die Ausbildung machen zu können. «Ich mache am liebsten alles», sagt er lachend. Seit 2016 ist er in der Schweiz, musste aber lange auf die Aufenthaltsbewilligung warten. «Ohne Bewilligung kein Deutsch-Kurs», erläutert er. Er komme gut mit in der Schule, aber Deutsch sei schwer. Das bestätigt auch Fitsum Teklebrhan, der seit vier Jahren hier ist. «In der Schweiz zu leben ist hart. Doch wenn man den Weg findet, dann geht es.» Für alle drei ist die zweijährige Attestausbildung ein erster Schritt auf diesem Weg. Amos Molenga kann schon im Herbst die Lehre zum Fachmann Betriebsunterhalt EFZ anhängen. Sein Traum ist es, dereinst Ingenieur zu werden.

Als Muslim in der katholischen Kirche tätig

Auch Yaser Ahmadi will die EFZ-Berufslehre anschliessen. Er hofft, danach eine Stelle im Maihof zu bekommen, wo es ihm sehr gut gefällt. Dass er als Muslim in einer katholischen Kirche arbeitet, ist für ihn kein Problem. «Die Leute sind sehr offen und nett», schwärmt er. Fitsum Teklebrhan möchte sich als Sakristan ausbilden lassen. «Es tut mir gut, in der Kirche zu arbeiten», sagt der Katholik. Bei der Arbeit sei er im Gespräch mit Gott. Er hofft, nach der Lehre eine Stelle in einer Pfarrei zu finden.

Die Lernenden zirkulieren in mehreren Pfarreien, um alle Tätigkeitsfelder kennen zu lernen. Für die Gartenarbeit sind sie zudem zwei Tage pro Monat im Kapuzinerkloster Wesemlin, wo sie von Bruder Paul Mathis, Kapuziner und Gärtner, angeleitet werden.

Aufenthaltsbewilligung dank Lehrvertrag

In der Pfarrei St. Johannes im Würzenbach bildet Sakristan Franz Gantner seit 2006 Lernende aus.  An ihn gelangte Claudia Schmid, Leiterin Fachbereich Personal der Kirchgemeinde Stadt Luzern, als Nicola Neider, Leiterin Migration-Integration der Katholischen Kirche Stadt Luzern, eine Lehrstelle für den Sans Papier Molenga suchte. Aufgrund «hervorragender Rückmeldungen» erhielten Molenga und sein Vater inzwischen eine Aufenthaltsbewilligung.

Auf Antrag der Pfarreien St. Leodegar und Maihof-St. Josef schuf der Kirchenrat zwei weitere Attest-Lehrstellen für ihnen bekannte Flüchtlinge. Ahmadi hatte im Maihof ein Praktikum gemacht, Teklebrhan gehört zur eritreischen Gemeinde, die im «Leodegar» Gottesdienst feiert. Peter Lustenberger, Leiter Infrastruktur St. Leodegar, und Artemas Koch, Zentrumsleiter im Maihof, sind ihre Ausbildner.

Unterstützung durch Pfarreien

Solche Personen mit fachlichem Hintergrund und Offenheit brauche es für die Ausbildung von Lernenden, sagt Schmid. Für den Schulbesuch wäre ein Deutsch Niveau B1 optimal. Bei Lernenden mit Migrationshintergrund würden die Pfarreien individuell Unterstützung bieten. «Die Kirchgemeinde ist offen, weiterhin Lernende auszubilden.  Die Erfahrungen sind für alle Beteiligten sehr positiv», so Schmid.

Sylvia Stam

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Um die Gartenarbeit kennen zu lernen, arbeiten die jungen Männer zwei Tage pro Monat im Garten des Kapuzinerklosters Wesemlin (von links): Fitsum Teklebrhan, Amos Molenga und Yaser Ahmadi. | © 2020 Sylvia Stam

Modell für andere Pfarreien

Um eine Lehrstelle als Unterhaltspraktiker/in EBA anzubieten, braucht es in einer Pfarrei Personen mit Offenheit für Jugendliche und dem nötigen fachlichen Hintergrund, «eine Ausbildung in Gebäudetechnik oder als Hauswart», sagt Claudia Schmid, Leiterin Fachbereich Personal der katholischen Kirchgemeinde Stadt Luzern. «Für den Schulbesuch sollte ein Deutsch Niveau B1 erreicht werden. Bei Lernenden mit Migrationshintergrund sei es hilfreich, wenn die Pfarrei individuell Unterstützung anbietet. Kleineren Pfarreien empfiehlt sie, sich mit anderen zusammentun, um alle Tätigkeiten abzudecken.