Kirchliche Sozialberatung: «Die Corona-Zeit macht alles dichter»

01.06.2021

Die Kirchen helfen Menschen in Not, ohne lange Fragen zu stellen. Das gehört zu ihrem Grundauftrag. Ihre Sozialberatungen sind in der Corona-Zeit besonders gefragt. «Menschen, denen es ohnehin nicht gut geht, geht es jetzt noch schlechter», heisst es dort. Finanziell wie familiär.

Doris Krummenacher kennt alleinerziehende Frauen, «die sich mit fünf bis zehn Putzjobs im Stundenlohn durchschlagen und sich zusätzlich engagiert um ihre Kinder kümmern». Beatrice Geuking sitzt Personen gegenüber, «für die es vor einem Jahr in weiter Ferne gelegen hätte, fremde Hilfe zu holen. Aber jetzt haben sie die Stelle verloren oder die Enge in der kleinen Wohnung führt zu familiären Konflikten». Krummenacher leitet die Sozialberatung der reformierten Kirche Stadt Luzern, Geuking jene der katholischen. Die Corona-Zeit mache «alles dichter», sagt Geuking. «Menschen, denen es ohnehin nicht gut geht, geht es noch schlechter», doppelt Krummenacher nach.

Die Zahlen steigen in allen Bereichen

Die Zahlen steigen in allen Bereichen. Bei der reformierten Sozialberatung ersuchten 2020 ein Viertel mehr Personen als im Vorjahr um einen Geldbetrag. Die Kirchgemeinde gab dafür 165 000 Franken aus, weitere 65’000 trugen Gesuche an externe Stellen bei. Die katholische Sozialberatung wiederum verzeichnete vergangenes Jahr etwa einen Drittel mehr vertiefte Beratungen, und die 50 Neuanmeldungen im ersten Quartal 2021 entsprechen einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr. Ihr Sozialfonds wird aus den Antoniuskassen der Stadtpfarreien gespiesen. Daraus flossen 2020 rund 85’000 Franken.
Die Sozialberatungen haben Richtlinien für ihre Unterstützung. Sie helfen punktuell und dann, wenn dies keine andere Stelle kann. Offen sind sie hingegen für alle, die an sie gelangen; Herkunft und Religion spielen keine Rolle. Die reformierte Stelle gewichtet allerdings nach der Konfession, weil sie ein grösseres Einzugsgebiet hat als die katholische und entsprechend mehr Anfragen. Da wie dort geht es in knapp zwei Dritteln der Fälle ums Geld, ebenso oft jedoch um persönliche Beratung, Stärkung und um Informationen. Beatrice Geuking spricht von «Selbstwirksamkeit» und meint damit: «Menschen befähigen, mit dem wenigen, das sie haben, einen guten Umgang zu finden.» Die Sozialberatung könne nur anstossen und begleiten, den Weg müssten die Menschen selber gehen.

«Das kommt der ganzen Gesellschaft zugute»

Die beiden Sozialberaterinnen schätzen, dass sie sich für die Beratung mehr Zeit als die staatlichen Sozialämter nehmen und auf jedes Thema eingehen können. «Da sind wir unkompliziert», sagt Geuking. Wo die Teams nicht selbst helfen können, vermitteln sie an andere Einrichtungen, zum Beispiel die Lebensberatung «elbe», die von den Kirchen mitgetragen wird.
Die kirchlichen Sozialberatungen arbeiten ohne staatlichen Leistungsauftrag. «Weil die Kirchen schon immer Verantwortung für Menschen in Not und am Rand der Gesellschaft übernommen haben», sagen Geuking und Krummenacher übereinstimmend. Die dafür eingesetzten Kirchensteuern seien gut angelegtes Geld: «Wenn wir eine Person darin unterstützen können, dass sie selbstbestimmt ihren Weg gehen kann, kommt das der ganzen Gesellschaft zugute.»

Dominik Thali

Doris Krummenacher (links) leitet die Sozialberatung der reformierten, Beatrice Geuking jenen der katholischen Kirche der Stadt Luzern. Die beiden sitzen im Garten des Lukaszentrums, in dem sich die reformierte Sozialberatung befindet. | © 2021 Dominik Thali
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Beatrice Geuking, Sozialberaterin der katholischen Kirche Stadt Luzern, im Gespräch mit einer Klientin. | © 2021 Roberto Conciatori

Sieben Sozialberatungsstellen im Kanton

In der Corona-Krise haben manche Einrichtungen und Menschen überhaupt erst erfahren, dass die Kirche Sozialarbeit leistet. Eine wichtige Partnerin in diesem Bereich ist die Caritas Luzern.

Sozialberatungen wie jene der katholischen und reformierten Kirche Luzern gibt es noch im Rontal und in Sursee (jeweils ökumenisch getragen) sowie in den Pastoralräumen Emmen-Rothenburg, Kriens und Baldeggersee (katholisch). In den Pastoralräumen Horw und «Im Rottal» stehen Stellenprozente für Diakonie zur Verfügung.