Menschen fit machen für die digitale Welt

08.11.2021

Eine Bewerbung schreiben und mailen? Und keinen Computer zuhause? Für Menschen in Armut oder mit wenig Deutschkenntnissen ein Problem. Die katholische Kirche Kriens macht sie fit für die digitale Welt. Das Angebot ist auch ein Beispiel für die Zusammenarbeit von Kirche und Staat.

Imani (alle Namen geändert), eine gut 50-jährige Frau aus dem Sudan, hat eine kleine Stelle in der Kinderbetreuung und will ihr Pensum aufstocken. Mit Melanie Grünenfelder, Leiterin des Sozialdienstes der Pfarrei Bruder Klaus, aktualisiert sie an diesem Nachmittag im Internet-Café ihren Lebenslauf und bespricht Inserate, die sie in der «Barni-Post» gefunden hat. An einem anderen Tisch sitzt Milad aus Afghanistan. Der etwa 30-jährige Mann ist froh, hier seine Bewerbungsschreiben auf neue Stellenangebote anpassen und ausdrucken zu können. Zuhause hat er keinen Drucker. Irena schliesslich, um die 60, ist arbeitslos. Sie sucht eine Stelle im Verkauf. Jemand hilft ihr, das Mailkonto auf dem Handy wieder zugänglich zu machen, sucht mit ihr eine Gratis-App, damit sie PDFs öffnen kann, und scannt schliesslich ihre Unterschrift. «Ich will Bewerbungen künftig per Mail einreichen können», sagt Irena.

Ein Problem, das unterschätzt wird

Stellensuchende im Tieflohnbereich haben oft Mühe, eine Arbeit zu finden. Oder Armutsbetroffene eine Wohnung. Ihnen fehlen zudem häufig Kenntnisse am Computer. «Ein Problem, das unterschätzt wird», sagt Melanie Grünenfelder. Dabei sei es schon herausfordernd, sich auf der Informationsplattform der regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zurechtzufinden. Als im Frühjahr Informations- und Schulungsangebote anderer Stellen wegfielen, reagierte Grünenfelder deshalb zusammen mit Eliane Räber, Geschäftsleiterin von «Kriens integriert», und baute das Internet-Café auf. René Flad, ein pensionierter Jobcoach, half bei der Konzeption mit. «Kriens integriert» ist ein Verein, der im Auftrag der katholischen und reformierten Kirche und der Stadt die praktische Integrationsarbeit in Kriens verantwortet.

Die freiwillige Helferin Eveline Bachofer (rechts) hilft Klientin Irena, deren Handy-Problem zu lösen. | © 2021 Dominik Thali

Weshalb hat die Maus zwei Tasten?

Im Internet-Café im Zentrum Bruder Klaus, das jeden Dienstag Nachmittag geöffnet ist, können Armutsbetroffene Laptop und Drucker benutzen und erhalten praktische Anleitung. «Eigentlich wollen wir Hilfe zur Selbsthilfe sein», sagt Eliane Räber. Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten aber kaum Computerkenntnisse. Weshalb hat die Maus zwei Tasten? Ist das ein Link oder ein Mail­adresse? Ein- oder zweimal klicken? «Was für uns in fünf Minuten erledigt ist, dauert dann halt eine Stunde», sagt Räber. «Die digitale Welt ist anspruchsvoll – auch für uns», fügt Grünenfelder an. «Geduld braucht es da oft auf beiden Seiten.»

Eine, die davon genug hat und heute freiwillig mithilft, ist Eveline Bachofer. Die pensionierte Frau war beruflich in der Erwachsenenbildung tätig. Ihr sei vieles geschenkt worden im Leben, «davon will ich etwas zurückgeben», sagt Bachofer. Helferinnen und Helfer wie sie gibt es zurzeit neun. Die Projektkosten sind deshalb tief. Die Kirchgemeinde stellt den Raum zur Verfügung, die sieben Laptops und der Drucker sind Geschenke; ein Pfarreimitglied hat alles zu einem Freundschaftspreis installiert.

«Gut, dass es so etwas gibt»

Das Internet-Café ist als Pilotprojekt vorerst bis Ende Jahr befristet. Melanie Grünenfelder und Eliane Räber hoffen, dass es weitergeführt wird. Seit dem Start im Juli haben rund 20 Personen das Angebot genutzt, viele kommen mehrmals. «Damit sind wir zufrieden, aber es könnten noch mehr sein», sagt Grünenfelder. Imani, Milad und Irena, die an diesem Nachmittag Hilfe erhalten, sind froh um die Unterstützung. «Gut, dass es so etwas gibt», findet Irena. Sie tippt auf ihr Handy und freut sich, dass sie darüber wieder Zugang zu ihren Mails hat.

Dominik Thali

Internet-Café, Zentrum Bruder Klaus, Pilatusstrasse 13, Kriens, jeden Dienstag von 15 bis 18 Uhr, Teilnahme kostenlos, keine Anmeldung erforderlich

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Melanie Grünenfelder, Leiterin des Sozialdienstes der Pfarrei Bruder Klaus in Kriens (rechts), bearbeitet mit Klientin Imani deren Bewerbungen. | © 2021 Dominik Thali